ILO 169

Schutz der Menschenrechte und des Klimas

Die Gesamtzahl der Angehörigen der indigenen Völker der Erde wird auf etwa 370 Millionen Menschen in über 70 Ländern geschätzt. Ihre Lebensweise unterscheidet sich zumeist durch ihre besondere Beziehung zur Natur, die ihre Kultur über Jahrhunderte geprägt hat. Jedoch sind ihre Lebensgrundlagen heute mehr und mehr gefährdet. Politische und wirtschaftliche Interessen, die im Zuge der Globalisierung unumgänglich erscheinen, bedrohen die Lebensweise vieler indigener Völker.

Die Konvention Nr. 169 der ILO ist die bis heute einzige internationale Norm, die den indigenen Völkern rechtsverbindlichen Schutz und Anspruch auf eine Vielzahl von Grundrechten garantiert. Das "Übereinkommen über indigene und in Stämmen lebende Völker in unabhängigen Ländern" garantiert grundlegende Rechte der indigenen Völker. Die Konvention wurde 1989 verabschiedet und trat am 5. September 1991 in Kraft.

Die ILO-Konvention 169 basiert auf der Achtung der Kulturen der indigenen Völker und garantiert ihnen rechtsverbindlichen Schutz und Anspruch auf Grundrechte. Ziel ist es, diskriminierende Praktiken, die diese Völker betreffen,  zu überwinden und durch das Recht auf "vorherige Konsultation" (FPCI) zu gewährleisten, dass sie in Entscheidungsfindungen, die eine Auswirkung auf ihre Lebensumstände haben, miteingebunden werden. Die FPCI ist für jedes Projekt, das indigene Gebiete betrifft, obligatorisch, wobei die häufigsten Projekte Bergbau, Agrarwirtschaft und Holzwirtschaft sind. Ziel ist es, die Zustimmung (von indigenen Völkern) zu dem vorgeschlagenen Projekt sicherzustellen.

Die insgesamt 44 Artikel verpflichten die Unterzeichnerstaaten darüber hinaus, indigenen Völkern eine Entwicklung zu ermöglichen, die ihren jeweiligen eigenen Prioritäten als indigenes Volk Rechnung trägt. Dazu gehören insbesondere:

 * die volle und unterschiedslose Gewährleistung der Menschenrechte und Grundfreiheiten in den Art. 2 und 3; darunter die Gleichberechtigung vor Verwaltung und Justiz, Art. 8 und 9;
* das Recht auf kulturelle Identität, auf gemeinschaftliche Strukturen und Traditionen, Art. 4;
* das Recht auf Gestaltung der eigenen Zukunft, Art. 6 und 7; vor allem das Recht auf Beteiligung an Entscheidungen, die diese Völker direkt betreffen;
* das Recht auf Land und Ressourcen zur Sicherung der eigenen Identität, Art. 13-19;
* das Recht auf Beschäftigung und angemessene Arbeitsbedingungen, Art. 20;
* das Recht auf Ausbildung und Zugang zu Kommunikationsmitteln, Art. 21.

Ratifiziert wurde sie bislang von 24 Staaten (Argentinien, Bolivien, Brasilien, Costa Rica, Chile, Deutschland (2022), Domenica, Ecuador, Fiji, Guatemala, Honduras, Kolumbien, Mexiko, Nepal, Nicaragua, Paraguay, Peru, Venezuela und die Zentralafrikanische Republik). In Europa haben Dänemark, die Niederlande, Norwegen, Spanien und Luxemburg (seit 2018) die Konvention unterzeichnet.


Die meisten Regierungen weigern sich jedoch, die ILO-Konvention 169 zu unterzeichnen, oft mit der Begründung, dass dort keine indigenen Völker leben. Aber in unserer globalisierten Welt werden multinationale Unternehmen eher zur Rechenschaft gezogen, wenn sowohl das Land, in dem sie tätig sind, als auch das Land, in dem sie ihren Sitz haben, den gleichen Grad an Rechtsschutz bieten. Dadurch stärkt jede zusätzliche Ratifizierung der ILO-Konvention 169 den sehr begrenzten Schutz indigener Völker weltweit, was weniger Menschenrechtsverletzungen und mehr Umweltschutz bedeutet.

 

 

Wer ist die ILO?

Die ILO (International Labour Organization) wurde im Jahr 1919 als eine Sonderorganisation der UNO gegründet (Sitz in Genf). Vetreter*innen von Regierungen, Arbeitnehmer*innen- und Arbeitgeber*innenorganisationen von 173 Mitgliedsstaaten haben sich eine Verbesserung der weltweiten sozialen Sicherheit sowie Lebens- und Arbeitsbedingungen zum Ziel gesetzt.

"Jedes Land, das die ILO 169 ratifiziert – egal ob dort indigene Völker leben oder nicht –, stärkt dadurch dieses Rechtsinstrument. Wenn Luxemburg ratifiziert, ist dies ein weiterer Schritt in einem jahrelangen internationalen Prozess, die ILO-Konvention, die ILO selbst und die Rechte der Indigenen zu stärken."

von Dietmar Mirkes, ASTM Luxemburg

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