Konsum

Milleniumskonsumziele

Die Agenda 2030 wurde 2015 verabschiedet, damit wurden die Milleniumsentwicklungsziele (MDGs) durch die Nachhaltigkeitsziele (SDGs) abgelöst. In den Jahren vor der Verabschiedung wurde viel über die sogenannte "Post-2015-Entwicklungsagenda" diskutiert und unterschiedlichste Ansätze und Ideen präsentiert. Ein, aus unserer Sicht auch für unsere aktuellen Diskussionen noch relevanter Ansatz, wird hier kurz vorgstellt.

Ein Beitrag von Mohan Munasinghe

 

Vielfältige Herausforderungen wie Armut, Ressourcenknappheit, Hunger, Krankheiten und Umweltschäden bedrohen unsere Zukunft. Grundlegende Ursachen liegen in den unnachhaltigen Konsum- und Produktionsweisen. Daher müssen wir unser Handeln darauf ausrichten umfassende Lösungen zu finden, die mehrere Probleme gleichzeitig beheben können. Die globale Wirtschaft nutzt bereits Ressourcen, die dem Konsum von fast 1,5 Erden entspricht, wobei die reichsten 1,4 Milliarden Menschen beinahe 85 Prozent der globalen Produktion konsumieren – mehr als das 60-fache des Konsums der 1,4 Milliarden ärmsten Menschen. Der heutige Konsum der Wohlstandsgesellschaft ist nicht nur ökologisch nicht nachhaltig, sondern beeinträchtigt auch das Leben der ärmeren Bevölkerung und verschärft somit bestehende Ungleichheiten.

 


Um sich diesen Herausforderungen zu stellen, wurden 2011 die Millenniumskonsumziele (Millennium Consumption Goals, MCGs) den Vereinten Nationen als Vorschlag unterbreitet. Sie stellen eine Möglichkeit für ein umfassendes Rahmenprogramm zur nachhaltigen Entwicklung in der Post-2015-Agenda dar. Die MCGs fordern u.a. ein Umdenken in den Industrienationen und verstehen sich als Ergänzung zu den MDGs. Im Gegensatz zu den MDGs wendet sich das Konzept der MCGs vor allem an die 20 Prozent der wohlhabenderen Weltbevölkerung: Das sind nicht nur die „Reichen“ in den Industrieländern, die für den Verbrauch von 80 Prozent der Naturressourcen verantwortlich sind, sondern auch jene im globalen Süden. Die MCGs zeigen auf, dass eine umfassende Armutsbekämpfung nur mit einer Reduktion des weltweiten Ressourcenverbrauches einhergehen kann. Die Millenniumskonsumziele setzen an den drei Säulen der Nachhaltigkeit an:

 

- Ökologie: Die Natur respektieren und den Ressourcenverbrauch auf ein nachhaltiges Niveau innerhalb der natürlichen Kapazitäten der Erde verringern

- Gesellschaft: Die elementaren Grundbedürfnisse befriedigen und eine gerechtere Verteilung des Konsums anstreben

- Wirtschaft: Nachhaltigen Wohlstand für alle unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Effizienz und ökologischen wie sozialen Nachhaltigkeitsbedingungen fördern.

 

Obwohl die MCGs ein neues Konzept darstellen, bauen sie auf der ursprünglichen Agenda 21 der Rio-Konferenz 1992 auf, die bereits eine gezielte Auseinandersetzung mit nicht nachhaltigen Produktionsweisen und Konsumgewohnheiten forderte. Dies wurde auch auf dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung 2002 in Johannesburg hervorgehoben. Basierend auf den „Sustainomics“, die eine Schritt-für-Schritt-Methode liefern, um Entwicklung nachhaltiger zu gestalten, sind hier die Menschen direkt angesprochen in ihrem Lebensbereich unmittelbar aktiv zu werden und nicht nachhaltige Handlungsweisen zu unterlassen.


Die MCGs verstehen sich – neben der Agenda 21, einer nachhaltigen Wirtschaft (Green Economy) oder den diskutierten Nachhaltigkeitszielen – als ein wichtiger Baustein der verschiedenen Post-2015-Entwicklungsinitiativen. ziel ist die Regierung des Konsums der Wohlhabenden in allen Ländern – zur Freisetzung von Ressourcen, die die Grundbedürfnisse der ärmeren Bevölkerung decken könnten. Anstatt die Wohlhabenden generell als ein Problem zu verstehen, werden sie mit einbezogen und motiviert Teil einer Lösung zu sein – ohne dabei ihre Lebensqualität zu mindern. Dieser Perspektivenwechsel hat einen großen potentiellen Nutzen, denn schon geringfügige Veränderungen innerhalb ihres enormen Anteils am Ressourcenverbrauch und seinen Folgen, könnte die Umweltbelastung deutlich reduzieren und Ressourcen zur Armutsbekämpfung freisetzen.

 

Als Beispiel sei hier der heutige Überkonsum und die damit einhergehende Abfallproduktion genannt: Privathaushalte in Westeuropa schmeißen 30 Prozent ihrer gekauften Lebensmittel weg; in Nordamerika sind es sogar fast 50 Prozent. Mit einem gesünderen Ernährungs- und Lebensstil, können wir nicht nur Ressourcen sparen, sondern auch die Lebensqualität der Bevölkerung verbessern. Um ein Umdenken in unserer Gesellschaft zu erreichen, bedarf es sowohl Top-down- als auch Bottom-up-Ansätze: Wir müssen globale ziele definieren um zu einer gerechten Konsumverteilung zwischen Ländern, Städten und anderen privaten wie wirtschaftlichen Akteuren zu kommen. Während im Top-down-Verfahren die internationalen Verhandlungen über eine nachhaltige Post-2015-Entwicklungsagenda weiter diskutiert werden, hat die „Initiative zu den Millenniumskonsumzielen“ (Millenium Consumption Goals Initiative, MCGI) bereits einen intensiven Bottom-up-Prozess gestartet, der weltweite Unterstützung erhält. Die MCGI umfasst die freiwillige Pionierarbeit vieler Individuen, Gruppen, Organisationen, Unternehmen, Kommunen, Regionen und Staaten, die bereit sind eigene und freiwillige Ziele zu setzen.

 


Das Klima-Bündnis unterstützt die Initiative der MCGs, da es als Netzwerk von europäischen Kommunen mit indigenen Völkern der Regenwälder, die Bedeutung von lokalen Entwicklungsprozessen erkannt hat und unterstützt. Verwaltungen auf internationaler und nationaler Ebene müssen hier ihren Beitrag leisten, um einen lokalen und länderspezifischen Ansatz zu entwickeln. Kommunen sind hier wichtige Akteure in der Entwicklungszusammenarbeit, die lokale Veränderungen aufgrund der Nähe zu ihren Bürgerinnen und Bürger hervorrufen können. Nicht nachhaltige Denkweisen zu verändern ist eine große Herausforderung.

 

Der „Washington Consensus“, der das Regierungsdenken in den 1990ern prägte und zum gegenwärtigen Wirtschaftskollaps führte, besteht immer noch fort. Allerdings sind viele Bürgerinnen und Bürger, Privatunternehmen und Entscheidungsträger den nationalen Regierungen, hinsichtlich nachhaltiger Entwicklung bereits voraus. Eine ausschließlich marktbasierte Entwicklung, ohne ökologische und soziale Kriterien, wird keine Nachhaltigkeit garantieren. Deshalb brauchen wir dringend die Umsetzung der Millenniumskonsumziele, da diese einen Schwerpunkt auf nachhaltigen Konsum und nachhaltige Produktion legen und somit eine nachhaltige Zukunft für unsere Kinder und Enkelkinder sicherstellen.

 

 

  • @ Tobias Hase

    @ Tobias Hase

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